Aus der Welt der Musik

 

Nicht nur Bücher versetzen mich in Schwingungen, ebenso die Musik – von Schütz bis Boulez.

Auch hieran möchte ich Sie gerne teilhaben lassen.

 

 

Der Posaunenchor ...

 

... ist eine typisch protestantische Institution. Die ersten Chöre entstanden vor etwa 175 Jahren im Ravensberger Land nahe Bielefeld; die frühen Jahre sind mit dem Leben und Werk von Johannes Kuhlo eng verbunden.

Kuhlo schwebte vor, Chöre zu gründen, die sich nicht in den Dienst der Geselligkeit, der Militärmärsche oder des Kommers stellten, sondern allein dem Wort Gottes verpflichtet waren. Dennoch war er Kind seiner Zeit, in seinen Überzeugungen unbeirrt.

Bemerkenswert ist, dass Kuhlo, trotz der heute üblichen Bezeichnung "Posaunenchor", Hörnern den Vorzug gab. Das hängt damit zusammen, dass er reine Laienchöre wollte, die Posaune aber höhere Anforderungen an das Gehör der Spieler stellt. Auch deswegen wurden (und werden mitunter noch heute) die Posaunenchöre von den hauptamtlichen Kantoren wenig geschätzt.

    

Die Orgelbewegung

 

Die Orgel des ausgehenden 19. Jahrhunderts wurde mehr und mehr von Unternehmen produziert, die wie am Fließband bauten. Die Orgeln wurden kräftiger, aber auch immer uniformer.

Werkbund, Jugendstil und Bauhaus strebten zurück zum ehrbaren Handwerk. Auch im Orgelbau gab es eine Gegenbewegung zum "Größer, Breiter, Lauter" des Kaiserreichs. Ab 1920 propagierte man, ausgehend von Norddeutschland, ein Zurück zu Silbermann, also zum Orgelbau des Barock. Mein neuer Roman Die Orgelbauerin erzählt auch von dieser Orgel(-gegen-)bewegung. 

 

Musikinstrumente, sprachlich betrachtet

 

Einige Musikinstrumente haben in der deutschen Sprache in metaphorische Wendungen Einzug gehalten. Man triumphiert (oder scheitert) mit Pauken und Trompeten, man posaunt etwas heraus. Hinzu kommen jene Instrumente, deren deutsche Wörter noch eine andere Bedeutung haben (zum Beispiel Horn). Schülern wird der Stoff eingepaukt - nicht zuletzt vom Pauker. Auch rund um das Klavier gibt es so manches.

Es fällt auf, dass es gleich mehrere geläufige Wendungen mit der Geige gibt. Hier ist sie unangefochten und nicht durch die Violine verdrängt. So darf fortan (allenfalls) noch die zweite Geige spielen, wer etwas vergeigt hat. Umgekehrt wiederum hängt für die ersten Violinen der Himmel voller Geigen.

    

Die typisch "deutsche" Orgel ...

 

... gibt es heute nicht mehr - sofern es sie jemals gab. Der Orgelbau hat sich vervielfältigt, folgt nicht irgendeiner reinen Lehre. Die Rigorosität der "Orgelbewegung" hat den Blick auf historisch wertvolle romantische Instrumente getrübt, eine Gegenbewegung tat not, die heute längst eingesetzt hat. Die "richtige" Orgel gibt es nicht, denn jede Orgel ist ein Einzelstück - auch die eine "richtige" Kirche kann und wird es nie geben. Trotz der vielen elektronischen Spielhilfen ist man weithin zur mechanischen Traktur zurückgekehrt, oft beruhen die Dispositionen auf einem wohlausgewogenen Kompromiss, um möglichst die ganze Literatur angemessen darstellen zu können.

   

Musik für die Insel

 

Gäbe es nur jenes eine, einzige Musikstück, welches ich auf die viel zitierte einsame Insel mitnehmen dürfte, wäre es ...

 

... Franz Schuberts Streichquintett in C-Dur.

 

Große deutsche Orgelbauer (VII): Wilhelm Sauer (1831-1916)

 

Ein führender Orgelbauer der anbrechenden Moderne in Norddeutschland war Wilhelm Sauer, dessen Vater bereits Orgelbauer in Friedland/Mecklenburg war.

Zunächst studierte Sauer, ging aber letztlich bei seinem Vater in die Lehre. Als Geselle kam er weit herum, er arbeitete gar bei Cavaillé-Coll in Paris, dem führenden Orgelbauer Frankreichs, und auch bei Walcker.

Der Vater übergab 1855, 1856 gründete Wilhelm Sauer in Frankfurt an der Oder. Sein Unternehmen wuchs zu einem innovativen Industriebetrieb.

Zu seinen großen Werken gehören die Orgeln im Berliner Dom und in der Thomaskirche Leipzig (beide erhalten). Auch die damals größte Orgel der Welt in der Jahrhunderthalle Breslau stammt von ihm; sie ist leider als solche nicht erhalten.

 

Große deutsche Orgelbauer (VI): Georg Friedrich Steinmeyer (1819-1901)

 

Der aus Öttingen am Ries stammende Steinmeyer lernte bei Walcker in Ludwigsburg. Er gründete 1847 in seiner Heimatstadt eine Orgelbauwerkstatt und baute wie Walcker von Anfang an Kegellade. Zudem war er an der Fortentwicklung und Vervollkommnung der Taschenlade maßgeblich beteiligt. Unter ihm sowie seinem Sohn Johannes wuchs der Betrieb rasch, vor allem Max Reger schätzte Orgeln aus seiner Werkstätte und ließ sich von ihm welche "maßschneidern". Steinmeyer baute im Passauer Dom und in St. Lorenz in Nürnberg.

Das Unternehmen besteht bis heute, erst spät kehrte man in Öttingen zu mechanischer Traktur und Schleiflade zurück.

 

Große deutsche Orgelbauer (V): Friedrich Ladegast (1818-1905)

 

Die neue Orgel im Dom zu Merseburg machte den Orgelbauer aus Weißenfels weit über den sächsischen Raum bekannt. Ihm gelang es, wie seinem Zeitgenossen Cavaillé-Coll in Frankreich, die mechanische Traktur technisch weiterzuentwickeln und auch in größten Instrumenten einzusetzen; ferner weitete er das Klangbild aus zur symphonischen Orgel spätromantischen Zuschnitts, ohne nur groß und laut sein zu wollen. Insgesamt baute er etwa 150 Instrumente, neben Merseburg auch die Orgel der berühmten Schlosskirche zu Wittenberg. Beide Orgeln sind erhalten und wurden stilgerecht restauriert.

Tragisch ist, dass Ladegast den Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten Innovationen im Orgelbau zu kritisch gegenüberstand, um sie seinem ureigenen Stil dienstbar zu machen. Er geriet wirtschaftlich unter Druck. Auch seinem Sohn Oskar glückte es nicht, den weit herabgesunkenen Betrieb zurück zum Erfolg zu führen. Friedrich Ladegasts Verdienste um den Orgelbau schmälert dies aber nicht.

  

Große deutsche Orgelbauer (IV): Eberhard Friedrich Walcker (1794-1872)

 

Walcker wurde in eine Orgelbauerfamilie geboren; sein Vater hatte 1780 in Cannstatt bei Stuttgart eine Werkstatt eröffnet. Nach seiner Ausbildung beim Vater gründete Walcker 1821 selbst in Ludwigsburg. Sein erstes Instrument, das ihn über Württemberg bekannt machte, war seine 1833 errichtete Orgel für die Frankfurter Paulskirche.

Walcker hat die Kegellade, die wichtigste Innovation im Orgelbau des 19. Jahrhunderts, zwar nicht erfunden, aber alltagstauglich perfektioniert. Die Entwicklung des deutschen Orgelbaues hin zur symphonischen Großorgel ist ebenso mit seinem Namen verbunden wie Innovationen bei den Stimmen und die industrielle Erweiterung des Orgelbaus über den kleinen Handwerksbetrieb hinaus. Aufgeschlossen für den französischen Orgelbau, baute er auch Instrumente mit Jalousieschwellern. 

    

Große deutsche Orgelbauer (III): Joseph Gabler (1700-1771)

 

Zusammen mit Karl Joseph Riepp und Johann Nepomuk Holzhey bildet Joseph Gabler gewissermaßen ein oberschwäbisches Dreigestirn. Der süddeutsche Orgelbau des Barock stand im Schatten der großen Meister Nord- und Mitteldeutschlands; Orgeln in Bayern und Schwaben hatten oft kein voll ausgebautes Pedal.

Gabler stammte aus Ochsenhausen. Lernte zunächst das Schreinerhandwerk, als Geselle war er in Mainz in einer Orgelbauwerkstatt tätig. Wieder zurück in Oberschwaben, baute er zunächst eine neue Orgel in der Klosterkirche seines Heimatortes, die ihn weithin bekannt machte und ihm den Auftrag zu seinem größten Instrument sicherte, der Orgel der Basilika Weingarten.

   

Große deutsche Orgelbauer (II): Gottfried Silbermann (1683-1753)

 

Gottfried Silbermann lernte bei seinem nach Straßburg ausgewanderten Bruder Andreas Silbermann. Er blieb bei ihm, bis er Meister war, kehrte dann nach Sachsen zurück und gründete in der Bergstadt Freiberg seinen eigenen Betrieb. Früh glänzte er mit dem (im Kern erhalten gebliebenen) Instrument im Freiberger Dom; weitere große Orgeln baute er vor allem in Dresden. Er war sich jedoch nicht zu fein, auch kleinere Instrumente in Dorfkirchen zu errichten.

Silbermann prägte den spätbarocken Orgelbau über Sachsen hinaus, die Orgelbewegung der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts, die sich ein Zurück zum barocken Orgelbau auf ihre Fahnen geschrieben hatte, berief sich vor allem auf ihn und seine Kunst. Heute sind viele Silbermann-Orgeln rekonstruiert oder stilgerecht zurückgeführt worden - bis auf die im Krieg zerstörte Silbermann-Orgel in der Dresdner Frauenkirche, wo heute ein Instrument des Elsässer Orgelbauers Daniel Kern erklingt. Ein Brückenschlag zwischen dem Sächsischen und dem Elsässer Silbermann? Nicht so ganz, denn die Kern-Orgel hat ein französisches Schwellwerk im Stil des 19. Jahrhunderts. 

  

Große deutsche Orgelbauer (I): Arp Schnitger (1648-1719) 

 

Kulmination (und zugleich Inbegriff) der norddeutschen barocken Orgelbaukunst ist das Werk Arp Schnitgers. Schnitger entstammte einer Familie von Tischlern (daher auch der Name Schnitger = Schnitzer) aus dem Oldenburgischen. Er lernte bei seinem Vetter Huß in Glückstadt/Holstein und baute nach Huß' Tod eine noch von diesem begonnene Orgel in Stade zu Ende. Dabei setzte Schnitger bereits eigene Akzente, die ihn weithin bekannt machten.

Von seiner Orgelwerkstatt im (heute zu Hamburg gehörenden) Neuenfelde aus baute er Instrumente, die Maßstäbe setzten. Insgesamt sind es ungefähr 170 Orgeln, vor allem in Norddeutschland und den Niederlanden. Die größten sind die Orgeln von St. Jacobi in Hamburg und die leider nicht erhalten gebliebene Orgel der Hamburger Nikolaikirche - sie wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. 

   

Der Windsbacher Knabenchor

 

Gestern Abend waren meine Frau und ich in der Kilianskirche Bad Windsheim, in einem Konzert des Windsbacher Knabenchores. Das 1946 im fränkischen Windsbach ins Leben gerufene Ensemble zählt zu den wichtigsten Chören dieser Gattung, er ist inzwischen in aller Welt bekannt und geschätzt. Sein Repertoire reicht von der Renaissance bis hin zu zeitgenössischer Chormusik. Er tritt a cappella und zusammen mit Orchestern auf und ist seinen Wurzeln treu geblieben; alle "Windsbacher" werden vor Ort in einem Internat geschult und betreut.

    

Lob der Langspielplatte

 

Anlässlich des Umzugs, als ich meine Tonträger auslichtete, erwog ich, mich von meinen letzten Langspielplatten aus Vinyl vollständig zu trennen. Ich bin froh, dass ich es nicht getan habe.
Jetzt nämlich, da ich meinen 33 Jahre alten Verstärker in Ruhestand geschickt habe und einen neuen besitze, höre ich die Platten, die ich noch habe, mit großer Freude wie neu. Der warme Klang analoger Langspielplatten wird durch die zumeist unterkühlte Brillanz digitaler Scheiben nicht aufgewogen.

 

Dorforganisten, einst und jetzt

 

Der bekannteste Dorforganist ist hierzulande Lehrer Lämpel in Max und Moritz. In der Kirche mit Gefühle saß bei seinem Orgelspiele. Von seinem Schöpfer Wilhelm Busch ist überliefert, dass er gerne über Dorforganisten schimpfte, die in seinen Ohren die Orgel eher schlugen als spielten.

Bis weit ins 20. Jahrhundert oblag der dörfliche Organistendienst den örtlichen Lehrern. Daher Lehrer Lämpel. Für ihre Ausbildung fühlte sich lange keiner recht zuständig, vor allem nicht die Kantoren in den Städten. Die Lehrerbildungsanstalten vermittelten ein Grundwissen; alles Weitere war Autodidaktik. Dennoch konnte es manch Lehrer mit den Kantoren aufnehmen. Heute freilich bilden die hauptamtlichen Kirchenmusiker auch die nebenamtlichen Organisten auf den Dörfern aus.

   

Three Or One - Johann Sebastian Bach

 

Wer sich Johann Sebastian Bach auf andere, ganz ungewohnte Weise annähern möchte, der greife zur CD "Three Or One". Der Pianist Fred Thomas hat Musik des berühmten Thomaskantors, vor allem aus dem Orgelbüchlein, für Klavier, Violine und Violoncello bearbeitet und spielt sie zusammen mit der Geigerin Aisha Orazbayeva und der Cellistin Lucy Railton.

Ihr Spiel ist karg, aber nicht dürftig eindimensional - und zeigt exemplarisch, dass Bachs Orgelwerke so universal sind, dass man sie hier fernab von schmetternden Mixturen und obertönigen Aliquoten und trotzdem stimmig erfährt. Atemberaubend geradezu.

 

Franz Schubert

 

Leider ist Schubert schon bald in die falsche Schublade gesteckt worden. Die Vorstellung vom pausbackerten, trinkfesten Weaner, von Weib, Wein und Gesang hat immer wieder dafür gesorgt, dass seine Musik unterschätzt wurde, und zwar bis auf den heutigen Tag. Sicher, er hat, auch aus Geldnot, vielen zu gerne einen Gefallen tun und flachere Stücke schreiben müssen. Seine großen, absoluten Werke sind aber ebenso zeitlos gültig wie das Oeuvre von Beethoven oder Mozart - und noch mehr: Mozarts Musik ist gewiss brillant, sie berührt mich aber nicht.
Also ist mir Franz Schubert von allen großen Komponisten der Nächste, vermutlich auch deswegen, weil er mir als Mensch sehr ähnlich gewesen sein muss.

 

Jahr der Orgel 2021 - Der Organist Martin Meyer

 

Um zunächst eines auszuräumen: Nein, ich habe das nicht "studiert", ich besitze nur den D-Schein, die Kleine Prüfung für das kirchenmusikalische Nebenamt. Meine Biographie als Pfarrerssohn hat mich in den kirchenmusikalischen Dienst geführt, sie war aber wohl auch der Grund dafür, dass das Feuer in mir nicht so entfacht wurde, dass ich die Musik zum Beruf gemacht hätte.

Womöglich hätte ich das Zeug gehabt, das zeigt schon mein Musiker-Gehör, das, wie ich vermute, ein Absolutes Gehör ist. Geklärt wurde das freilich nie. Ich trauere dem jedoch nicht nach, weil ich meine Grenzen kenne und akzeptiere.

Soderle, jetzt ein wenig gespielt. Bachs Orgelbüchlein ist nicht zu schwierig für mich und dennoch großartige Musik.

 

Gustav Mahler (1860-1911)

 

Seine Musik fasziniert - und verstört zugleich. Auch der Mensch Gustav Mahler, hinter dem Dirigenten und Komponisten nur schwer zu erfassen, hat viele verstört - ein Genie, das niemanden geschont hat, auch nicht sich selbst.

Lange Biographien sind über ihn verfasst worden, die den Leser ob ihrer Fülle ebenso zu erdrücken drohen wie seine Musik. Wer sich Mahler nähern, ihn kennenlernen möchte, lese daher lieber Robert Seethalers Erzählung Der letzte Satz. Unter der Rubrik "Aus der Welt der Bücher" ist das Buch näher besprochen.

 

Jahr der Orgel 2021 - Typologie der Orgelpfeifen

 

Die Pfeife macht den Ton - sonst ist es bloß Wind. Die Orgel ist also ein Blasinstrument. Man unterscheidet nach deren Bauart Labial- oder Lippenpfeifen und Zungenpfeifen. In der Lippenpfeife entsteht der Ton, ähnlich wie bei der Blockflöte, durch eine mundartige Öffnung am Pfeifenfuß, die zusammen mit der Schwingung der Pfeife selbst den Klang generiert. Lippenpfeifen gibt es aus Metall und aus Holz. Entsprechend unterschiedlich klingen sie auch.

Bei der Zungenpfeife, deren Ton oft dominant ist, schwingt hingegen ein Metallblättchen (= Zunge) im Innern der Pfeife.

    

Erwin Schulhoff (1894-1942)

 

Ein Schlüsselkomponist der musikalischen Moderne (und des Verdikts Entartete Musik) war Erwin Schulhoff, der aus Prag stammte. Seine Biographie spiegelt die Antagonismen zwischen dem österreichischen Kaiserreich und dem Zweiten Weltkrieg und musikalisch zwischen Brahms und Schönberg sowie dem Jazz der Roaring Twenties. Dann schloss er sich sozialistischen Idealen an, was ihn schon lange vor dem deutschen Einmarsch in die Tschechoslowakei in die Opposition trieb. Nach seiner Inhaftierung durch die Nazis kam er 1942 im Internierungslager Wülzburg in Franken ums Leben.   

 

Entartete Musik

 

Die Schmähschau "Entartete Kunst", in der die Nazis ihnen unliebsame Künstler an den Pranger stellten, hat in der Musik ein (weniger bekanntes) Gegenstück - die Ausstellung "Entartete Musik" 1938 in Düsseldorf.

Ebenso wie in der Kunst zeigte sich, dass die von den Nazis propagierte Blut-und-Boden-Musik Zweitklassiges und Epigonales entstehen ließ, was Goebbels und seine Adjutanten häufig zu Zugeständnissen zwang. Umgekehrt standen Richard Strauss, Paul Hindemith oder Wilhelm Furtwängler vor der Frage: Anpassung und Widerstand?

       

Jahr der Orgel 2021 - Orgelbau

 

Der deutsche Orgelbau ist Weltkulturerbe der UNESCO; der französische Orgelbau hätte es ebenso verdient. Arp Schnitger wurzelte in Norddeutschland, doch bereits die Familie Silbermann verzweigte sich von Sachsen aus auch nach Frankreich - wo sodann Aristide Cavaillé-Coll mit seinen grundtönigen, symphonischen Großorgeln den Orgelbau des 19. Jahrhunderts prägte und bald auch den deutschen Orgelbau von Ladegast an inspirierte, gewiss nicht zu dessen Nachteil.

       

Wilhelm Busch und die Musik

 

In meinem Denken spiegelt sich nicht nur der Humor Karl Valentins, sondern auch der von Wilhelm Busch. Gleich Karl Valentin besaß auch Busch ein feines Ohr für Musik. So klagte er immer wieder über das mittelmäßige Spiel der ehrenamtlichen Dorforganisten, die damals im Hauptberuf meist Dorfschullehrer waren und keine kirchenmusikalische Ausbildung erhielten.

An anderer Stelle heißt es plakativ: Musik wird oft nicht schön empfunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden.

 

Nun seid ihr wohl gerochen an eurer Feinde Schar?

 

Bachs Weihnachts-Oratorium gibt uns am Ende, im Schlusschoral des letzten Teils, ein Rätsel mit auf den Heimweg. Warum "gerochen"? Wer kann da wen wohl (oder nicht wohl) riechen?

Erst wer die Präposition "an" in den Blick nimmt, kann sich die Bedeutung erschließen. Gemeint ist "gerächt". Das Verb rächen würde früher stark gebeugt.

 

Nun komm, der Heiden Heiland

 

Der Anfang von Luthers Advents-Choral, der heute auch im katholischen Gesangbuch zu finden ist, lässt uns zweifach stutzen, vielleicht auch stolpern. Oft hört man "Nun kommt der Heiden Heiland" und riegelt innerlich schon ab: Na schön, dann kommt er halt.

Geschrieben ist aber der Imperativ, ein "Komm!". Komm endlich! Ja, und dann noch die "Heiden", mit denen man nichts gemein haben will. Schon ein Vergleich jedoch mit dem damals von Luther verdeutschten Hymnus "Veni, redemptor gentium" zeigt: Das Komm endlich! ist unser aller Schrei. Oder, alttestamentarisch gesprochen, Stimme des Volkes, das noch im Finstern wandelt (Jesaja).

 

Der Musiker Karl Valentin

 

Karl Valentin war ein vielseitiger Künstler. Er war Kulissenbauer, Schauspieler, Autor - und nicht zuletzt Musiker. Er beherrschte zahlreiche Instrumente, die er autodidaktisch erlernte. Oft spielte er auf der Bühne; einige Stücke waren ganz der Musik gewidmet. Er war auch ein guter Sänger.

Legendär ist sein Orchestrion, eine selbst gefertigte Musik-Maschine aus Instumenten aller Gattungen. Das er, sehr zu meinem Bedauern, schon früh bei einem seiner vielen Wutausbrüche demolierte.

   

Das Absolute Gehör

 

Es zählt zu den schillerndsten Inselbegabungen des Menschen, und für viele ist es nicht nur Segen, sondern auch Fluch. Wer es besitzt, der ist zumeist lärmempfindlich - und es kann einen kirre machen, wenn man ein Stück in As im Kopf hat oder sogar komponiert, das Meer, an dem man zur Ruhe kommen will, aber in G rauscht.

Unter anderem meine starke Geräuschempfindlichkeit spricht dafür, dass auch ich das Absolute Gehör habe, Berufsmusiker haben es auch schon vermutet. Falls ja, dann ist es eines im Rohzustand, dem es an Schulung gefehlt hat.

   

Beethoven-Jahr 2020 (6): Mein Favorit

 

Ist ein meist im Schatten der "Schlachtrösser" stehendes Stück: sein Konzert für Violine, Violoncello, Klavier und Orchester in C-Dur (Tripel-Konzert, op. 56). Leider wird es nur selten aufgeführt, was daran liegen könnte, dass der Klavierpart eher einfach ist, also für die Stars am Piano womöglich unter ihrer Würde.

Schade drum. Für mich ist es ein Meisterwerk, überaus poetisch und (trotz der Tonart C-Dur) von einer unterschwelligen Melancholie.

  

Beethoven-Jahr 2020 (5): Beethovens Gehör

 

Über den schleichenden Verlust des Gehörs, den Ludwig van Beethoven schon in jungen Jahren zu verkraften hatte, wurden diverse wüste Spekulationen angestellt. Vermutlich steht die Erkrankung in Zusammenhang mit einer Fleckfieber-Infektion. Solche Verläufe sind Anfang des 19. Jahrhunderts öfters zu beobachten gewesen.

Beethoven hatte Glück, dass sich der Prozess bei ihm länger hinzog; erst in den letzten Lebensjahren war er völlig gehörlos. Bei Bedřich Smetana zum Beispiel ging es deutlich schneller. Seinen symphonischen Zyklus Mein Vaterland schrieb er im Zustand völliger Ertaubung.

 

Beethoven-Jahr 2020 (4): Für Elise

 

Es ist wohl Beethovens bekanntestes Klavierwerk - jeder Klavierschüler dürfte es erlernt haben. Der Erfolg des Stücks liegt sicher in den ersten Noten begründet - in den markant und geheimnisvoll um ein Halbtonintervall (e, dis) gleißenden Sechzehntelnoten.

Und wer hätte nicht schon einmal darüber nachgedacht, welcher Elise der (unverheiratet gebliebene) Beethoven das Stück wohl gewidmet hat?

 

Bachs Matthäus-Passion

 

Für mich gehört zu jedem Karfreitag die Matthäus-Passion, in der allenthalben die Bach-Rezeption gespiegelt wird. Erst Felix Mendelssohn-Bartholdy, so hört man es bis heute, habe durch die Wiederaufführung der Matthäus-Passion 1829 in Berlin Bachs Musik neu auferstehen lassen. Dabei war seine Musik niemals vergessen; selbst von der Passion gab es schon vorher Aufführungen, zumindest von Teilen daraus.
Ich bevorzuge im Übrigen, die Puristen mögen mich steinigen, die alten Aufnahmen von Karl Richter. In diesen schwingt einfach mehr Innerlichkeit mit als in den gestriegelten und im Zeitmaß zu schnellen Fassungen etwa von Gardiner.

 

Beethoven privatissime

 

Gerne unternahm Ludwig van Beethoven ausgedehnte Spaziergänge, vor allem wenn er auf Sommerfrische weilte. So brach er einmal von Baden bei Wien zu einem Spaziergang auf. Bei dem er anscheinend so intensiv über sein nächstes "opus summum" nachdachte, dass er unversehens immer weiter lief, die Orientierung verlor und schließlich in Wiener Neustadt rauskam, etwa zwanzig Kilometer von Baden entfernt. Zu seiner sicher großen Erleichterung brauchte er, der Stolze, sich dort nicht als Verirrter zu offenbaren. Jemand erkannte ihn als den großen Ludwig van Beethoven und kümmerte sich um einen Wagen zurück nach Baden.

 

Beethoven-Jahr 2020 (3): Klavier- und Kammermusik

 

Beethovens Klaviersonaten und Streichquartette sind zweifellos epochal. Nicht ganz so evident bahnbrechend sind seine Violinsonaten - und doch ist unüberhörbar, wie darin jede der beiden Stimmen musikalische Welten schafft; in einer Gattung, die vorher eher eine Sonate für Violine mit obligatem, also begleitendem Klavier war.

Die Kreutzer-Sonate besitzt das Format einer Symphonie en miniature; ebenso lieb und wert ist mir aber insbesondere die intime Frühlings-Sonate, gerne auch von Solisten der älteren Generation, denen alle technische Perfektion kein Wert an sich war, sondern im Dienste von Innnerlichkeit und Haltung stand.

 

Beethoven-Jahr 2020 (2): Die Konzerte

 

Beethovens Klavierkonzerte lassen mich eher unberührt. Große Musik, aber zu glatt und ohne innere Wärme.

Viel mehr bewegt mich (neben dem Violinkonzert) sein Tripelkonzert. Es steht meistens im Schatten, von den Solisten nicht geschätzt, weil (zugegebenermaßen) ohne Brillanz in den Solostimmen und deshalb unter ihrer Würde - vor allem für die Stars und Sternchen am Klavier; desto mehr ist es mir, dem Sensibelchen, ans Herz gewachsen. Es ist so innig im Ton, es schwelgt in Melodien. Und ist, obzwar in klarem C-Dur, von unterschwelliger Melancholie.

 

Beethoven-Jahr 2020 (1): Die Symphonien

 

Schwierig, da eine hervorzuheben. Da ich mit den minder Arrivierten fühle, hebe ich nun die Vierte hervor, grad weil sie nicht so sehr mit der Tür ins Haus fällt wie die Nummern Drei, Sieben und Neun.

Hinzukommt das Finale der Sechsten; dieser Hirtengesang ist mit das Großartigste, was Beethoven geschrieben hat. In jeder Note des Satzes schwingt die große Dankbarkeit der Hirten über das glimpfliche Ende des vorangegangenen Unwetters mit.

 

Beethoven-Jahr 2020

 

2020 ist Beethoven-Jahr; vor 250 Jahren wurde er geboren. Deswegen werden ab sofort Beiträge über ihn hier in dieser Rubrik eingestellt - über sein epochales Werk, aber auch über ihn als Mensch.

Über das Oeuvre wissen wir übrigens eher besser Bescheid.

 

Von Kleinmeistern und Dilettanten

 

Das Prädikat Kleinmeister wird meistens zur Bezeichnung von Komponisten aus der Zeit des Barock verwendet, für diejenigen, die es mit Bach und Händel nicht ganz aufnehmen konnten. Jedoch haben diese beiden die Messlatte so hoch gehängt, dass zuweilen selbst Telemann unter dieses Verdikt fiel; von vielen anderen zu schweigen, die dem Vergessen anheimgefallen sind und trotzdem herrliche Musik geschrieben haben.

Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff Dilettant. Ihm haftete in früheren Jahrhunderten noch nichts Abschätziges an, entsprechend dem lat. Ursprung (delectare) dieses Begriffs: Man tut es, um sich daran zu ergötzen.

 

Clara Schumann

 

Sie hat um ihren Robert kämpfen müssen, gegen ihren Vater und die Zöpfe der Zeit. Sie hat mit ihm gefiebert, gelitten und ihn um Jahrzehnte überlebt.

Erst in jüngster Zeit ist Clara, die ihrer Zeit voraus war, aus Robert Schumanns Schicksal und Schatten getreten, als jene Frau, die etwas zu tun wagte, was damals als unschicklich galt: Komponieren.

 

Zum 200. Geburtstag Jacques Offenbachs

 

Nicht immer gereicht den Komponisten ihre Verwurzelung in zwei Ländern zum Vorteil. Bei Jacques Offenbach war es anders. Sein Wohn- und Wirkungsort Paris schenkte ihm Esprit und Weitläufigkeit; die deutsche Herkunft erleichterte ihm die Verbreitung seiner Opern und Operetten außerhalb Frankreichs.
Anders als die weitgehend unpolitische Wiener Operette, sind Offenbachs Bühnenwerke von satirischem Biss. Man spielt ihn daher noch heute, denn seine Figuren, die Parvenüs und Duodezfürsten des 19. Jahrhunderts, sind auch heute noch die alten. Mal abgesehen
vom Zauber seiner Walzer und Cancans. 

      

Arp Schnitger (1648-1719)

 

Vor 300 Jahren starb der Orgelbauer Arp Schnitger. Seine Orgeln, von denen leider nur wenige noch vorhanden sind, gehören zu den wichtigsten Instrumenten des Frühbarock. Die größte (im Wesentlichen erhaltene) Orgel ist die in Hamburg/St. Jacobi, die von der Bauart und Architektur bemerkenswerteste besitzt Norden/St. Ludgeri. Weitere Orgeln gibt es in ganz Norddeutschland und in den Niederlanden.
Schnitger war bei aller Genialität ein sehr bescheidener Mensch; vor allem den kleineren Gemeinden erließ er stets zur Ehre Gottes einen Teil des Honorars.

 

Schreiben und Musik

 

Viele Autoren zeichnen oder schauspielern - minder zahlreich dagegen sind Autoren, die mehr als nur reproduzierende Musiker, also Komponisten, sind; ein Beispiel ist Richard Wagner. Das liegt in erster Linie daran, dass die Musik nicht den Gesetzen der Sprache, sondern der Mathematik gehorcht; die Harmonielehre des Westens, die unsre Musik bis heute trägt, beruht, wie man seit Pythagoras weiß, auf Zahlenverhältnissen.

Ich war in der Schule auch recht gut in Mathematik; darum wundert es mich nicht, dass ich, ohne es von der Pike auf gelernt zu haben, vierstimmige Liedsätze schreiben und auf bescheidenem Niveau an der Orgel improvisieren kann. Gut so, denn solche Betätigung anderer Hirnbereiche sorgt für neue Synapsen, die dann auch meinem Schreiben zugute kommen.

 

Franz Schubert

 

Von allen großartigen Komponisten ist er der am meisten verkannte. Als "Schwammerl" verspottet oder als trinkfester Weaner wurde (und wird er leider bis heute) in die Rubrik "Biedermeier" eingeordnet, wozu auch verharmlosende und meistens nicht von Schubert selbst stammende Werktitel beigetragen haben (Forellen-Quintett).
Dabei plätschert Schuberts Musik nie nur dahin; sie steckt voller Tragik und emotionaler Abgründe. Mir ist er daher von allen der Nächste.

  

Ein Wunder der Musik

 

Was für ein schwerer Schlag für einen Komponisten, das Gehör zu verlieren! Ebenso wie Ludwig van Beethoven war auch Smetana dieses Schicksal beschieden, und bei ihm ging es schlagartig. So ist Smetanas großartiger Zyklus Mein Vaterland die Musik eines völlig Ertaubten.

Als er schließlich starb, gab ihm ganz Prag das letzte Geleit, und am Abend spielte man im National-Theater sein heiterstes Werk: die Verkaufte Braut

 

Zur Geschichte des Flohwalzers

 

Jeder kennt den Flohwalzer, kaum jemand den Komponisten. Es war Ferdinand Loh aus Kniphausersiel bei Jever. Der musikalisch überaus Begabte bekam von seinen Eltern zur Konfirmation ein Zugticket nach Bayreuth, hörte dort den Parsifal und ließ sich zu dem Motiv des Flohwalzers inspirieren.

Hernach feilte Loh in der moorigen Abgeschiedenheit seiner Heimat sieben Jahre lang an seinem opus summum und bot es Verlegern zum Kauf an. Vergebens, und so ließ Loh seine Klavierschüler das Stück üben; Schüler, die des "Walzers" (der im Zweivierteltakt steht) nicht müde wurden und ihn bald bis in alle Welt verbreiteten, ohne dass der arme Loh auch nur einen Kreuzer daran verdient hätte.

 

Ein lange verkanntes Genie

 

Das genialste Stück der gesamten Musikgeschichte? Ist jedenfalls für mich Bilder einer Ausstellung von Modest Petrowitsch Mussorgsky.

Mussorgsky gehörte zu jenen tragischen Gestalten des zaristischen Russland, die an dem Konflikt zwischen Konformität und Genialität zerbrachen - an ihrer Berufung zur Kunst, die sie nicht ausleben konnten. Und wie so viele herausragende Kunstwerke entstanden auch die Bilder einer Ausstellung aus der Trauer, im Falle Mussorgskys um den mit ihm befreundeten Maler Victor Hartmann. Sieben Jahre später starb auch Mussorgsky, am Alkohol.

Wir kennen dieses Werk vor allem wegen Maurice Ravels kongenialer Instrumentierung, doch ergründe man auch die Originalfassung für Klavier. 

   

Weltkulturerbe Orgelbau

 

Seit kurzem gehört der deutsche Orgelbau zum Weltkulturerbe der UNESCO. So sehr ich mich als Organist über die Auszeichnung freue, greift diese doch zu kurz.

Der französische Orgelbau, welcher im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert Maßstäbe setzte, hätte sie nicht minder verdient.

 

Ein Ohrwurm der klassischen Musik

 

Vor nunmehr 125 Jahren (unter Richard Strauss am Pult, der dieses Werk sehr schätzte) wurde Engelbert Humperdincks Märchen-Oper "Hänsel und Gretel" uraufgeführt. Vieles daraus ist jedenfalls in meiner Familie zum Gemeingut geworden - etwa der Kinderreim "Kuckuck - Eierschluck", das Lied der Hexe, "Knusper knusper Knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen", und der Abendsegen "Abends will ich schlafen geh'n".
Humperdinck wird leichthin als Wagner-Epigone abgetan. Daran ist gewiss ein Funken Wahrheit und doch zu streng gesprochen. Denn er war ein recht vielseitiger Komponist und hat, heute leider völlig vergessen, auch Lieder, Symphonisches sowie Kammermusik geschrieben.

 

Stille Nacht, Heilige Nacht

 

Vor 200 Jahren wurde dies Lied in Oberndorf bei Salzburg uraufgeführt, und noch heute schießen die Mythen hierüber ins Kraut. Über den "Hilfs-Pfarrer" Joseph Mohr und den "Hilfs-Organisten" Franz Xaver Gruber, dem die Orgel an diesem eisigen Heiligen Abend einfror, weshalb er die Melodie mit klammen Fingern für die Klampfe erfand.
Die Beliebtheit des Liedes fußt auf seiner eingängigen, sehr sentimentalen Melodie, doch auch darauf, dass in dem an sich banalen Text der so klingende Vokal "a" dominiert, vor allem auf den betonten Taktteilen.

 

O du fröhliche, o du selige

 

Die Melodie dieses Weihnachtsliedes entstammt einer alten sizilianischen Schifferweise und wurde um 1816 in Weimar von Johann Daniel Falk, der dort Waisenkinder in seiner Obhut hatte, für ein Lied über Weihnachten, Ostern und Pfingsten aufgegriffen. Von ihm stammt also die erste Strophe.

1829 schrieb Heinrich Holzschuher die beiden weiteren weihnachtlichen Strophen dazu. Falks ursprüngliche Verse zu Ostern und Pfingsten sind leider vergessen.

  

Peter Tschaikowsky

 

Vor nun 125 Jahren starb Peter Tschaikowsky. Wie sein noch unglücklicherer (und noch etwas genialerer) Kollege Modest Mussorgsky arbeitete er stets an der Abbruchkante der Schwermut (wie sie damals noch hieß) und schuf eben deswegen unsterbliche Werke, die uns bis heute aufwühlen. Welch tragischer, in Russland noch weit verbreiteter Irrtum, in ihm den russischen Ableger des dekadenten Westens zu sehen!

 

Orgelkunde (3)

Eine Besonderheit der Orgel ist der stimmbildende Einsatz der Füße; sie spielen auf dem Pedal den Bass. Die Erzeugung der Töne mittels Wind gestattet es, selbst einen langen Ton liegen zu lassen, ohne dass er verklingt (Orgelpunkt). In Choralvorspielen obliegt es dem Pedal indessen auch, die jeweils einzuführende Melodie (Cantus firmus) zu spielen und sogar durch Verzierungen auszuschmücken.

Es ist also nicht das fünfte Rad am Wagen, zumal es auch virtuose Stücke für Pedale solo gibt.

 

Orgelkunde (2)

 

Der Klangreichtum der Orgel beruht auf der Vielfalt der Pfeifen. Grob gegliedert, gibt es deren zwei Grundtypen: Labialpfeifen und Zungenpfeifen. Bei einer Labialpfeife strömt die Luft durch eine Lippe aus der Pfeife und versetzt die ganze Pfeife in Schwingungen, wie etwa auch bei einer Blockflöte. Bei Zungenpfeifen vibriert ein Metallblättchen; dabei entsteht ein leicht schnarrender Ton wie bei einer Mundharmonika.
Neben der Bauart der Pfeife bestimmt deren Größe den Ton, sie wird in "Fuß" bemessen. Die größten sind die 32-Fuß-Pfeifen, die es nur in größeren Orgeln gibt, weil sie bis zu 10 Metern lang sind. Je mehr Fuß, desto tiefer der Ton.

 

Orgelkunde (1)

 

Orgeln sind keine Tasteninstrumente, sondern Blasinstrumente; die Töne kommen nicht durch Tastendruck, sondern durch Luft zustande, die, geleitet durch Registerzüge, in die jeweils aktivierten Pfeifen der Orgel strömt und sie so zum Klingen bringt.

Die ersten Orgeln wurden bereits im frühen Mittelalter gebaut. Sie prägen die Musik in den christlichen Kirchen des Westens; in den orthodoxen Kirchen (und in den jüdischen Synagogen) gibt es sie im Allgemeinen nicht.

Vor kurzem wurde die deutsche Orgelbaukunst von der UNESCO zum "Immateriellen Weltkulturerbe" erklärt.

 

Wagners Bayreuth

 

Fontane beschrieb Bayreuth wie folgt: "Vergorene Residenz, malerisches Drecknest, und dazwischen das denkbar feinste und intelligenteste Publikum".

Der Wallfahrtsort ist das Festspielhaus, das, die Schauseite zur Stadt hin subtrahiert, wie eine zu groß geratenene Güter-Abfertigung des ausgehenden 19. Jahrhunderts aussieht - und wohl auch daher heute nicht Weltkulturerbe ist, im Gegensatz zum Markgräflichen Opernhaus Wilhelmines von Preußen. Das Richard Wagner zu mickrig, zu plüschig und zu sehr Salon war.

 

150 Jahre Ein Deutsches Requiem

Vor 150 Jahren wurde - im Dom zu Bremen - die erste Fassung von Brahms' "Deutschem Requiem" uraufgeführt. Für mich gehört es zu den Hauptwerken der geistlichen Musik. Es fußt auf Bach, erinnert an Mendelssohn und präludiert die Abgründe des zwanzigsten Jahrhunderts - ist jedoch ganz Brahms. Es gipfelt in der Vertonung von Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg? Greift also nicht die Worte der Totenmesse auf, sondern (ganz protestantisch) Bibelstellen.
Auch sonst war Brahms ein gläubiger Mensch; er hat auch Choralvorspiele für die Orgel komponiert.

 

Barbara Kraus, Techniken des Orgelübens. Die kürzeste Verbindung zwischen Händen und Füßen ist das Gehör. Medien Kontor Hamburg, 5. Aufl. 2009

 

Welcher übende Organist neigt nicht bisweilen zum Durchspielen, zum stupiden Immer-Wieder-Ganz eines Stückes? Hier setzt die Autorin an; sie schult zum intelligenten Üben, zumal an Fingersätzen (seufz), Pedaltechnik, Feinmotorik, Geläufigkeit und den anderen notorischen Lindenblattstellen. Gehör und Üben gehören für sie untrennbar zusammen. Manches wird auch für den Klavierspieler von Interesse sein, wenngleich die Autorin die Unterschiedlichkeit der beiden Instrumente betont. Ein Vademecum also, das auch und gerade dem nebenamtlichen Organisten ans Herz gelegt sei. Schade nur, dass es mir erst jetzt untergekommen ist.

 

Wachet auf, ruft uns die Stimme

 

Nicht nur am Ewigkeitssonntag berührt einen diese so großartige Bach-Kantate über den gleichnamigen Choral. Sie hat auch in Bachs Orgelwerk Eingang gefunden und gipfelt im berühmten Schlusschoral Gloria sei dir gesungen.
Überschrieben ist sie mit dem Titel "Kantate zum 27. Sonntag nach Trinitatis". Einen 27. Sonntag gibt es nur dann, wenn Ostern vor dem 26. März liegt. Die Uraufführung am 25. November 1731 war daher leicht zu datieren, weil dies in Bachs Leben nur dreimal der Fall war.

 

Die Bachs

 

In den letzten Jahren sind vermehrt Bücher erschienen, die sich, über Johann Sebastian hinaus, mit der ganzen Familie Bach beschäftigen. Prägten doch die Bachs in Thüringen und Teilen Frankens über Jahrhunderte hinweg derart die Musikwelt, dass sie nicht nur im Maßstab Deutschlands einzigartig ist. Mehr noch als in der Literatur die glamourösen und daher meist überschätzten Manns.

Man erfährt hierbei, dass ein Urahn Veit Bach, weil Protestant, in der Gegenreformation der Habsburger aus Ungarn nach Thüringen hat emigrieren müssen, und staunend stößt man auf so manch anderen hochbegnadeten Bach.
Die, da immer mit der Elle des großen Thomaskantors gemessen, meist in Vergessenheit geraten sind.

 

Lob des "Kleinmeisters"

 

Johann Sebastian Bach hat die Messlatte hoch gelegt. Die meisten sind an dieser Höhe gescheitert. Doch messe man nicht mit zu langer Elle. Viele heute gerne vergessene und abschätzig "Kleinmeister" genannte Komponisten haben die nebenamtlichen Organisten mit leicht zu spielenden, aber qualitätvollen Orgelstücken versorgt und dadurch viel zum Niveau der Kirchenmusik beigetragen.

Man denke an die (so einst Albert Schweitzer) "beste je geschriebene Orgelschule", die Acht Kleinen Präludien und Fugen, die lange als ein Frühwerk Bachs galten, tatsächlich aber wohl von einem seiner Schüler komponiert wurden.

 

Zur Geschichte der Posaunenchöre

 

Seit meiner Jugend spiele ich im Posaunenchor. Diese meist in der evangelischen Kirche beheimateten Chöre bildeten sich im 19. Jahrhundert aus, suchten sich als geistliche und ehrenamtliche Laienchöre von weltlichen Kapellen abzugrenzen. Dabei war es vor allem der charismatische, aber gestrenge "Posaunengeneral" Johannes Kuhlo (1856-1941), der von Westfalen aus in ganz Deutschland diese Chöre ins Leben rief, in der romantischen, auf Flügel- und Tenorhörner gründenden Tradition. Schon vor Kuhlos Tod setzte jedoch eine Gegenbewegung ein; man ächtete die zu weich klingenden Hörner und bevorzugte Trompeten und Posaunen.

Dieser Tage sind freilich wieder alle Bauarten dabei: Trompeten, Hörner, Posaunen und Tuba. Zusammen mit den Kantoren an der Orgel bereichern wir Chöre in erster Linie die Gottesdienste, treten heute aber auch bei weltlichen Anlässen auf.

 

Mein Geheimtipp: César Franck, Symphonie in d-moll

 

Wie bei sehr vielen Werken, die nur wenig gespielt werden, ging schon die Uraufführung daneben. In Paris tobte ein erbitterter Streit zwischen Wagner-Anhängern und Wagner-Gegnern - und Francks dunkle d-moll-Symphonie war Wasser auf die Mühlen derer, die ihn für einen Wagnerianer hielten.

Schade. Das Werk ist sehr eigenwillig und schon darin keineswegs epigonal. Im Kopfsatz ringen Lento und Allegro mit ein- und demselbem, aber unterschiedlich rhythmisiertem Hauptthema miteinander. Ein Ringen, das sich auch durch die zwei weiteren Sätze zieht bis zum versöhnlich aufgehellten Schluss.

 

Martin Luther und die Musik

 

Luthers Bedeutung für die gottesdienstliche Musik ist offenkundig, sollte jedoch nicht zu hoch veranschlagt werden. Einige seiner Lieder, etwa "Nun komm, der Heiden Heiland", sind Übersetzungen älterer lateinischer Hymnen. Bei vielen seiner Texte holpern Metrum und Reim, beißen sich mit dem Takt der Melodie. Hier zeigt sich, dass Martin Luther die theologische Botschaft wichtiger war als der Klang. Erst Paul Gerhardt war es schließlich beschieden, Glauben und Poesie kongenial zu vereinen. Heute sind seine Lieder beliebter als die des Reformators.

 

Große Dirigenten (1): Herbert Blomstedt (geb. 1927)

 

Vor ein paar Jahren war es mir vergönnt, Herbert Blomstedt live in der Semper-Oper zu erleben, am Pult der mit ihm eng verbundenen Staatskapelle Dresden.

Was für ein Kontrast zu den Mätzchen so mancher Pultstars: kein eiteles Herumgockeln, sondern Grandezza. Innere Größe, die keiner Geste bedarf. Trotz seines biblischen Alters immer wach und präsent, mit einer inneren Ruhe, die andern Dirigenten in ihren späten Jahren verloren gegangen ist. Ad multos annos!

 

Große Dirigenten (2): Sergiu Celibidache (1912-1996)

 

Gewiss, er war ein schwieriger Mensch, duldete keine Kompromisse und zog dem Betrieb so manches Mal eine lange Nase. Ein Funken sprühendes Urgestein und doch mit einem langen Atem.

Da war und blieb, etwa in Beethovens Neunter, ein Adagio molto ein Adagio molto und kein Andante quasi allegretto; ein kostbares Atemholen zwischen dem Scherzo und dem Presto des Freude schöner Götterfunken. Göttlich, gerade im Hier und Heute all unserer Hast und Ungeduld.

 

Jauchzet, frohlocket ...

 

Der feierliche Fanfarenzug zu Beginn von Bachs Weihnachts-Oratorium kann, wie alles allzu Plakative, zu Völlegefühl und Überdruss führen.

Anlass genug, zumal jetzt nach den Weihnachtsfeiertagen, mal die stilleren Teile vier bis sechs des Oratoriums zu hören - nicht minder großartige Musik, die aber so bei mancher Aufführung gekappt wird.

 

Mein liebstes Orgelstück?

 

Sehr schwierig. Zu viele, die ich schätze, und das sind nicht die zuschanden gesampelten Gusto-Stückerl.

Dennoch möchte ich ein Werk herausgreifen: Bachs Passacaglia in c-Moll. Ein Bass wie ein Federstrich, ein sehr dominantes, markantes Ostinato, das einem tief unter die Haut geht, stetig wiederkehrend, doch oben in den Stimmen an keiner Stelle eintönig.

Schwer. Aber nicht so schwer, dass es mir nicht gelingen könnte, es eines Tages selbst zu spielen?

 

Mein Vinyl

 

Hand aufs Herz, ich höre sie nur mehr ab und zu: meine Schallplatten - von Buxtehude bis Bartok, von Gut bis Böse.

Doch wegtun möchte ich sie nicht. Ihr warmer, von Schrunden und Knistern gesäumter Klang erinnert mich sachte daran, dass Musik lebt und webt, zum Be-Greifen, nicht zum Streamen. Ihr auf dreißig Minuten begrenzter Raum gönnt uns Genuss, in verträglichen Portionen. Wider alle Endlosschleifen und Berieselung.

 

Musizieren und Schreiben zugleich?

 

Verträgt sich, jedenfalls bei mir, eher nicht. Bin ich musikalisch aktiv, macht das Texten Generalpause. Nach einem Sonntagvormittag mit einem oder gar zwei Einsätzen an der Orgel muss mein Gehirn völlig umpolen, und das geht nicht auf Knopfdruck.
Hat doch freies Musizieren und Improvisieren stets mit Mathematik zu tun. Es aktiviert und fordert andere Bereiche des Denkens als das Schreiben.
Auch beim Schreiben selbst schweige stets die Musik, welcher Gattung auch immer. Erst hernach ist sie mir willkommen; sie fährt mich, wenn mit Bedacht ausgewählt, innerlich runter und bringt mich oft auf prickelnde Ideen.

 

Jazz

 

Vor Jahren hatte ich eine Jazz-Phase. Ich hörte mich in die Blue Notes hinein und kaufte mir Platten für eine kleine Bibliothek, etwa die großen Konzerte Keith Jarretts oder John Coltranes A Love Supreme.

Leider kam ich wieder davon ab. Mir fehlt oft die Zeit, denn Jazz ist in meinen Ohren kein Nebenbei; er fordert mich mit Haut und Haaren. Kuschel-Jazz oder ähnliche Scheiben mit Häppchen sind mir ein Graus; Jazz will im Album, als Zyklus nachvollzogen sein. Grund genug, nach dem Schreiben mal nicht Schubert zu hören, sondern Weather Report oder Miles Davis wiederzuentdecken.

 

Ein Eckstein der Musikgeschichte: Ludwig van Beethoven, Sonate für Klavier und Violine in A-Dur (Kreutzer-Sonate)

 

Bereits Bach hatte damit begonnen, die Violine von Cembalo und Klavier zu emanzipieren. Es war jedoch noch nicht an Mozart oder Haydn, sondern erst an Beethoven, hier einen klaren Schlusspunkt zu setzen.

In der Kreutzer-Sonate (1803) sprengt er die Form ins Konzertante, die Figuration beider Stimmen geht deutlich über das bis zu diesem Zeitpunkt Übliche hinaus. Ein Werk für eine Flasche edlen Bordeaux.

 

Komponisten-Schicksale: Bedřich Smetana (1824-1884)

 

Smetana war der Begründer der tschechischen Nationalmusik und genießt bis heute große Verehrung. Jedoch waren einige seiner Werke von einem zunehmend um sich greifenden Gehörleiden gezeichnet.

So in seinem 1. Streichquartett „Aus meinem Leben“, dessen letzter Satz um ein flirrendes, tinnitusartiges e oszilliert. Und sein sicher berühmtestes Werk, „Mein Vaterland“ mit der „Moldau“, schuf er in völliger Taubheit.

 

Musik zur Stimulanz: Camille Saint-Saëns, Symphonie Nr. 3 in c-moll, op. 78 (Orgel-Symphonie)

 

Nicht alle Musik beschwingt mich während meines Schreibens; sie kommt meist erst nach dem Tages-Pensum.

Anders bei diesem Meisterwerk der französischen Romantik, das sicher bekannteste Stück des häufig unterschätzten Komponisten. Vor allem jedoch das Poco adagio, das, mit seiner sphärisch einsetzenden Orgel, mich mit inniger Wärme durch mein derzeitiges Kantoren-Roman-Projekt geleitet.

 

Ein lange verkannter Komponist: Franz Schubert (1797-1828)

 

Oft nannte man ihn „Schwammerl“, wegen seines infektiös aufgequollenen Gesichts. Oder er galt als „trinkfester Weaner“. Fieberhaft schrieb er dagegen an und verzehrte sich darin zu früh.

Aber welches Genie in all seiner Gebrochenheit! Vor allem in seinem Streichquintett, kurz vor seinem Tod. Mein Werk für die einsame Insel, zumal im Adagio, das in meinen Ohren ein Gipfel aller Musik ist.

 

Barock, aber gegen den Strich: Die Bach-Bearbeitungen des Jacques Loussier Trios

 

Klavier, Bass, Schlagzeug anstatt Orgel, und doch unverkennbar Bach. Zugleich ein Beweis für die ungebrochene Vitalität dieser etwa 300 Jahre alten Musik, ob im wilden, schlanken Duktus der frühen sechziger Jahre oder auch in den neuen, die digitale Aufnahmetechnik ausreizenden Interpretationen von 1993/94.

 

In der Musik liegt die Kraft (1): Johannes Brahms, Sonate für Violine und Klavier G-Dur (1879)

 

Während des Schreibens höre ich keinerlei Musik, erst danach, als Ausgleichssport, zum Neuverschalten des Verstandes.

Besonders gerne dieses Werk, die "Regenlied-Sonate" in der transparenten und daher in der Romantik gemiedenen Tonart G-Dur.

 

Orgeln, auf denen ich im Gottesdienst spiele (1): die Orgel im Bamberger Wilhelm-Löhe-Heim.

 

Eine kleine, eher unscheinbare Orgel, aber ich möchte sie nicht unterschlagen. 8-Fuß, à la discrétion, ein starker 4-Fuß für den Gesang, dazu, mit Bedacht, da leider ein wenig verstimmt, ein Gemshorn sowie fürs Pleno eine Mixtur. Verschluckt sich nicht gleich bei meinen Verspielern, da sangesgewaltiges Publikum.

 

In der Musik liegt die Kraft (2): George Gershwin, Rhapsody in Blue (1924)

 

Schon die bohrend-quäksenden ersten Takte nehmen den Zuhörer gefangen, denn sie sind das Kraftzentrum dieses in den Formen so wunderbar formlosen Stücks.
Das bei mir, jedesmal wenn ich es mir vergegenwärtige, zumal vor dem Schreiben, kreative Eruptionen freisetzt.

 

Ein häufig verkanntes Werk (1): Robert Schumann, Konzert für Violine und Orchester d-Moll (1853)

 

Vieles wurde gegen dieses Konzert vorgebracht: Solostimme zu tief, nicht virtuos, vom Verfall gezeichnet …

Trotzdem und gerade deswegen: Ein echter, wertvoller Schumann, der mir tief unter die Haut geht.

 

Ein häufig verkanntes Werk (2): Ludwig van Beethoven, Konzert für Klavier, Violine, Violoncello und Orchester C-Dur (Tripelkonzert, 1804)

 

Immer im Schatten der anderen Konzerte Beethovens, wegen des sehr einfach gehaltenen Klaviersatzes. Trotzdem ein wertvolles Stück mit Tiefe - mit vielen einprägsamen Melodien und, trotz der strahlenden Tonart, von einer unterschwelligen Melancholie.

 

Orgeln, auf denen ich im Gottesdienst spiele (2): die Mühleisen-Orgel in St. Stephan zu Bamberg.

 

Ein farbenreiches und opulentes Meisterwerk von drei Manualen - zumal für mich, den gelernten Dorf-Organisten.

Nur gut, dass es neben der Spielelektronik auch Registerzüge gibt, denn: Schuster, bleib bei deinen Leisten!

 

Johann Sebastian privatissime, Teil 1: Bachs Orgelmusik

 

Was ich am meisten schätze? Nein, nicht Ta-ti-taaa, ta-ta-ta-taaa-taaa - sprich jene von den Zweitverwertern dieser Erde zuschanden gerittene Toccata.

Sondern die aufwühlende Passacaglia in c sowie die schlanke und dennoch tiefgründige „kleine“ Fuge in g.

 

Johann Sebastian privatissime, Teil 2: Bachs Kantaten

 

Meine Lieblings-Kantate? Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren (BWV 137), eine festliche Kantate, die sich textlich auf diesen unentbehrlichen (und auch von mir sehr geschätzten) Choral beschränkt.

Ob man den schlanken Fuß (à la Gardiner) oder den Duktus der deutschen Bachtradition (Karl Richter, Günther Ramin) bevorzugt, möge jeder für sich selbst entscheiden.

 

Johann Sebastian privatissime, Teil 3: Bachs Weihnachts-Oratorium

 

Das sicherlich populärste Stück aus Bachs Vokalmusik - ein Ohrwurm, und doch auch von gläubiger Tiefe. Etwas überstrapaziert, vor allem Teil 1 bis 3.

Vielleicht sollte man es mal kontrapunktisch aufführen, also die weniger geläufigen Teile 4 bis 6 in der glühweinseligen Adventszeit, und die Teile 1 bis 3 erst nach dem Fest, wenn die letzten Kokosmakronen zerbröseln.

 

Johann Sebastian privatissime, Teil 4: Bachs Sonaten für Violoncello solo

 

Fordert und fördert, Sinn wie Verstand. Belebt und tröstet. Und vor allem: Nichts für das Nebenbei, denn mehr als bloß Musik, ein Fixstern aller Musik.

Und, für die berühmte einsame Insel? Die Aufnahme mit Pablo Casals, eine alte Platte und ein wenig verrauscht. Doch welche Wärme darin!

 

Orgeln, auf denen ich im Gottesdienst spiele (3): die Rohlf-Orgel in der kath. Kirche Stegaurach.

 

Eine katholische Kirche, die auch evangelische Gottesdienste kennt. Sogar die Orgel ist gut ökumenisch, mit französischem Esprit, doch auch für Bach geeignet.

Man nähere sich ihr in aller Ruhe. Sonst rächt sich gerne, denn nicht alle Stimmen passen zusammen.

 


Martin Meyer

Schriftsteller und Musiker


© Autorenfoto unten links: Manuela Obermeier

© (Autoren)Fotos Hintergrund & Slideshow: Ulrike Schaller-Scholz-Koenen, Manuela Obermeier und Vera Trescher

 

 

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